Wie entsteht Wind? – Grundlagen der Luftbewegung
Wind ist die horizontale Bewegung der Luft. Er entsteht, um Druckunterschiede auszugleichen: Die Sonne erwärmt den Erdboden unterschiedlich stark; warme Luft dehnt sich aus, wird leichter und steigt nach oben. In Bodennähe entsteht dadurch ein Tiefdruckgebiet. Kühle Luft über kälteren Flächen besitzt eine höhere Dichte, sinkt ab und bildet am Boden ein Hochdruckgebiet. Zwischen Hoch- und Tiefdruck strömt die Luft – es weht ein Wind. Wie schnell der Wind ist, hängt vom Druckunterschied und der Strecke ab, über die er ausgeglichen wird.
Dieses Grundprinzip lässt sich auch im Kleinen beobachten, zum Beispiel bei der Land‑Seewind‑Zirkulation. Tagsüber erwärmt sich die Luft über Land stärker als über dem Meer. Die wärmere Luft dehnt sich aus, die Isobaren heben sich und es entsteht in der Höhe über dem Land ein kleineres Hoch, über dem Meer ein Tief. Um die unterschiedlichen Druckverhältnisse auszugleichen, strömt Luft am Boden vom Meer (Hoch) zum Land (Tief). Dieser kühle Seewind setzt ein. Nachts kehrt sich der Prozess um: Das Land kühlt stärker ab als das Wasser, über dem Meer bleibt die Luft wärmer und steigt auf. Nun bläst der Wind vom Land in Richtung See. Dieses Beispiel zeigt: Temperaturunterschiede erzeugen Druckunterschiede – und damit Wind.
Ursachen der Druckunterschiede – Sonne, Land und Wasser
Die Hauptenergiequelle für Wind ist die Sonne. Durch die Erdrotation und die Neigung der Erdachse fällt die Sonnenstrahlung unterschiedlich stark auf verschiedene Regionen: Am Äquator ist die Einstrahlung sehr intensiv, an den Polen deutlich schwächer. Dadurch entstehen Temperaturunterschiede in der Atmosphäre und an der Erdoberfläche. Warme Luft steigt auf, es bildet sich eine Innertropische Konvergenzzone (ITCZ), kalte Luft sinkt ab, zum Beispiel in Polargebieten.
Auch die unterschiedlichen Eigenschaften von Land und Wasser verstärken lokale Temperatur- und Druckunterschiede: Landflächen reagieren schneller auf Erwärmung und Abkühlung, während große Wasserflächen Wärme länger speichern. Deshalb heizt sich die Luft über Land tagsüber stärker auf und kühlt nachts schneller ab. Diese Gegensätze führen zu lokalen Windsystemen wie Land‑ und Seewind oder Berg‑Tal‑Winden.
Globale Windsysteme – Hadley‑, Ferrel‑ und Polarzellen
Global gesehen verteilt sich die von der Sonne erzeugte Wärme durch riesige atmosphärische Zirkulationszellen. Die Hadley‑Zelle erstreckt sich vom Äquator bis etwa 30° geographische Breite. In der Nähe des Äquators erwärmt die intensive Sonneneinstrahlung die bodennahen Luftschichten. Die warme Luft steigt auf und bildet die ITCZ. In der Höhe strömt sie in Richtung der Pole und sinkt spätestens bei ca. 30° Breite wieder ab. Am Boden entsteht dort der subtropische Hochdruckgürtel; von ihm weht die Luft als Passatwind (Nordostpassat bzw. Südostpassat) zurück in Richtung Äquator. Diese beständigen Ostwinde ermöglichten früher den Handel per Segelschiff – daher der Name „Trade Winds“.
An den Polen bildet sich die Polarzelle. Die kalte, schwere Luft sinkt ab, wodurch sich ein polares Hochdruckgebiet bildet. Diese Luft strömt am Boden in Richtung Äquator, wird durch die Erdrotation nach rechts (NHK) bzw. links (SHK) abgelenkt und weht als polarer Ostwind. Nachdem sie sich erwärmt hat, steigt die Luft im Bereich der Subpolargebiete (ca. 60° Breite) wieder auf und schließt den Kreislauf.
Zwischen Hadley- und Polarzelle befindet sich die Ferrel‑Zelle (ca. 30–60° Breite). Hier wehen die bodennahen Winde aus der subtropischen Hochdruckzone nach Nordosten; diese „Westwinde“ prägen das Wetter in den gemäßigten Breiten. Die Ferrel‑Zelle ist im Vergleich zu Hadley- und Polarzelle instabil, weil hier warme tropische Luftmassen auf kalte polare Luft treffen. Dabei entsteht die Polarfront, entlang der sich Tiefdruckgebiete bilden. Deutschland liegt in dieser Westwindzone; die Zugbahnen der atlantischen Tiefdruckgebiete bestimmen unser häufig wechselhaftes Wetter.
Corioliskraft – warum Winde abgelenkt werden
Die Corioliskraft ist eine Scheinkraft, die durch die Drehung der Erde entsteht. Sie bewirkt, dass Luftströmungen auf der Nordhalbkugel nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt werden. Auf dem Weg vom Äquator Richtung Nordpol nehmen Luftmassen den Schwung der schnell rotierenden Erde mit; sie bewegen sich scheinbar schneller nach Osten und werden nach rechts abgelenkt. Umgekehrt werden polwärts strömende Luftmassen auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt. Die Corioliskraft nimmt zu, je näher man den Polen kommt. Ohne diese Kraft würde die Luft einfach direkt von Hochdruck zu Tiefdruck strömen; durch die Ablenkung entstehen jedoch Windrichtungen wie Nordost‑ oder Südostpassat sowie die Westwinde der gemäßigten Breiten. Auch die starken Höhenwinde (Jetstreams) und tropische Wirbelstürme werden durch die Corioliskraft geformt.
Bedeutung des globalen Windsystems für Klima und Wetter
Die globale atmosphärische Zirkulation transportiert Wärme und Feuchtigkeit rund um den Planeten. Die drei Zellen pro Hemisphäre sorgen dafür, dass Energie von den tropischen Regionen zu den Polen gelangt. Ohne diesen Mechanismus würden die Tropen immer heißer und die Polarregionen immer kälter. Der Wärmeausgleich durch die Passat‑, West- und Polwinde beeinflusst die Klimazonen, die Vegetation und die Lebensbedingungen weltweit.
In den mittleren Breiten – auch Westwindzone genannt – treffen feuchtwarme Westwinde auf kalte polare Luft. Entlang der Polarfront bilden sich Tiefdruckgebiete, die über Europa ziehen und unser Wetter bestimmen. Ihre Zugbahn und Stärke hängen von der Temperaturverteilung zwischen Tropen und Polargebieten ab. Ändern sich diese Verteilungen – zum Beispiel durch Klimawandel – verändert sich auch das globale Windsystem.
Fachbegriffe – verständlich erklärt
Druckgradient: Der Unterschied im Luftdruck zwischen zwei Punkten. Je größer der Gradient, desto schneller strömt die Luft – der Wind.
Innertropische Konvergenzzone (ITCZ): Eine ringförmige Tiefdruckzone um den Äquator, in der warme, feuchte Luft aufsteigt und die Passatwinde zusammenströmen.
Passatwinde: Beständige Ostwinde, die in den Tropen von den subtropischen Hochdruckgebieten zum Äquator wehen.
Hadley‑Zelle: Großräumige Luftzirkulation zwischen Äquator und ca. 30° Breite: Warme Luft steigt am Äquator auf, strömt in der Höhe polwärts, sinkt im subtropischen Hochdruckgürtel ab und weht am Boden als Passat zum Äquator zurück.
Ferrel‑Zelle: Zirkulationszelle der gemäßigten Breiten (30°–60°). Bodennah strömt Luft aus dem subtropischen Hochdruckgürtel nordwärts und wird durch die Corioliskraft zu Westwind abgelenkt. In der Höhe fließt die Luft wieder südwärts.
Polarzelle: Zirkulationszelle zwischen 60° Breite und den Polen. Kalte Luft sinkt am Pol ab, strömt als polarer Ostwind äquatorwärts und steigt bei Erwärmung wieder auf.
Corioliskraft: Scheinbare Kraft aufgrund der Erddrehung, die bewegte Luftmassen nach rechts (Nordhalbkugel) bzw. links (Südhalbkugel) ablenkt.
Westwindzone: Region zwischen etwa 35° und 60° Breite, in der die vorherrschenden Winde aus Westen kommen (Teil der Ferrel‑Zelle).
Polarfront: Grenzfläche zwischen warmer Luft der Westwindzone und kalter polaren Luft; an ihr entstehen Tiefdruckgebiete.
Fazit – warum Wind für uns unverzichtbar ist
Wind ist das sicht- und spürbare Ergebnis physikalischer Prozesse in der Atmosphäre: Die Sonne erwärmt die Erde ungleichmäßig, daraus entstehen Temperatur‑ und Druckunterschiede, und die Luft strömt, um diese auszugleichen. Durch die Erddrehung wird sie abgelenkt – so entstehen die globalen Windsysteme. Sie transportieren Wärme, Feuchtigkeit und Energie, formen die Klimazonen und bestimmen Wetterereignisse – von tropischen Passaten über die Westwinde der mittleren Breiten bis zu den polaren Ostwinden. Ohne Wind gäbe es keinen globalen Wärmeaustausch, keinen Regen in den Tropen und keine Feuchtigkeit in den gemäßigten Breiten. Wind ist daher ein elementarer Teil des Klimasystems – und zugleich eine erneuerbare Energiequelle, die der Mensch zunehmend nutzt.
Quellen und Verweise
- Deutscher Wetterdienst (DWD): „Die Land-Seewind-Zirkulation“
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2020/6/16.html - DWD: „Atmosphärische Zirkulation – Stationäre Witterungsregime prägen das Leben auf der Erde!“
https://www.dwd.de/DE/wetter/thema_des_tages/2019/2/5.html - Planet Schule (WDR/SWR): „Das globale Windsystem (planetarische Zirkulation) – Wie entsteht Wind?“
https://www.planet-schule.de/mm/die-erde/Barrierefrei/pages/Das_globale_Windsystem_planetarische_Zirkulation.html